Mein Clinch mit den Daubelfischern

  • Hallo Freunde !


    Ich möchte Euch nicht mit der Daubelfischerei langweilen, sondern mit einer lustigen Geschichte meiner Jugend erfreuen, in der am Rand eine kleine Charakterstudie dieses Menschenschlages stattfindet.


    Für Westösterreicher: Das Daubeln ist so ein Fischen mit einem großen Netz mit Rahmen, welches mit einer Handwinde herabgelassen wird und dann irgendwann raufgezogen wird in der meist vergeblichen Hoffnung, dass ein Fisch drinnen ist)

    Die Daubler gab es immer schon, und seit ich angle, waren auch bei meinem Verein die Daubler ein eigenes Grüppchen, irgendwie eine eigene Welt.


    Wir Angler verstanden nicht recht viel davon und waren auch nicht direkt neugierig darauf, denn unser Ziel ist das Überlisten des Fisches mit Natur- oder Kunstköder, der spannende Moment wenn der Stoppel untergeht, oder es einen Ruck in der Spinnrute macht, wenn die Salmoniden nach der Fliege steigen, und dann der spannende Drill und der erlösende Moment, wenn der Fisch im Kescher ist.


    Die Daubler waren auch irgendwie so eine Art eigene Dorfgemeinschaft oder Kleingartengemeinschaft, denn oft waren am Wochenende die Familien dort bei diesen lustigen Stelzenhäusern, von denen auch die Daubel auf und abgekurbelt wurde. Dann wurde auch in dem Stückchen Natur rund um die Hütte im Garten gewuselt und an der Hütte gehämmert und so weiter. Das waren eher so brave Heimwerker in Drillichgewand, die da immer wieder was zum Ausbessern, Verbessern oder Reparieren fanden, und wo der Nachbar neugierig auf ein Plauscherl und ein Bierli oder Stamperl vorbeikam.


    Für mich und meine Frau wäre das ein Albtraum, wenn jeder jeden kennt. Wir lieben unseren Garten hinterm Haus, aber am meisten lieben wir die hohe dicke Hecke auf allen Seiten des Zauns, die uns herrliche Isolation verschafft, sodass wir ein eher neutral-freundliches Verhältnis zu unserer geschätzten Nachbarschaft haben.


    Wie gesagt, Daubler waren und sind wohl ein bisschen eine eigene Sorte von Menschen. Es gab einmal in der Forums-Welt einen Daubler, irgendwie ein Unikat unter der sonst ausschließlich angerischen Mitgliedschaft. Dieser Daubler übte auch das hohe Amt eines Moderators aus. STRENG und WICHTIG wie ein pensionierter Polizist wachte er oft 24 Stunden vor dem Bildschirm und passte auf !!! Es tut mir wirklich leid, dass er dann als Endsiebziger verstorben ist, denn ich hatte so sehnsüchtig auf seine Memoiren gehofft in Form eines Buches „Mein Leben als strengster Moderator aller Zeiten“. Leute, das wäre ein Bestseller geworden, da hätte ich mich mit meinem Geschichtenbüchlein verstecken können !


    JETZT ABER ZUM KERN MEINER GESCHICHTE:


    In meiner Jugend verbrachte ich die Zeit des Prüfungsurlaubes vor meiner Diplomprüfung so, dass ich mit den Büchern und Skripten am Ufer des unteren Donaukanals saß und zwei Dinge kombinierte: Sonnenbaden, und vor allem Lernen Lernen Lernen. Diese Kombination klappte super.


    ABER: Als ich da mit meinem Aktenkoffer den Treppelweg runterging, an den ganzen Daubelhütten vorbei, und mich dann hinsetzte und meinen Aktenkoffer aufmachte, kam auf einmal eine aufgebrachte Meute von den typischen Daublern auf mich zu: Alle mit Drillichhose, weißem Ripp-Unterleiberl und Bierbäuchlein (wäre ein Bild für Manfred Deix gewesen). Sie näherten sich mir mit zornigem Gesichtsausdruck, umkreisten mich bedrohlich und der auserkorene Sprecher fragte mich in barschem Ton, was ich hier mache.


    Ich sagte: „Ich lerne für meine Prüfung, weshalb ich meine ganzen Bücher und Skripten mit habe, und dachte, hier habe ich die nötige Ruhe dazu!".


    Da standen die nun und raunten irgendwas und schüttelten den Kopf, und der auserkorene Sprecher sagte auf einmal viel freundlicher zu mir:


    "Ah so, na dann nix für ungut. Wir haben Ihren Aktenkoffer gesehen und geglaubt, Sie sind vom Vermessungsamt, denn wir haben irgendwo gehört, dass einer von denen kommen würde, weil die von dort irgendwie wollen, dass unsere Daubelhütten weg müssen".


    Ich antwortete: „Nein, da kann ich Euch beruhigen, ich habe mit dem Vermessungsamt absolut gar nichts zu tun und bin nur Student. Aber eigentlich sind wir alle da sogar Kollegen, denn ich bin auch beim VÖAFV und leidenschaftlicher Angler".


    Daraufhin zogen die Männer ab, nicht ohne mir noch "viel Erfolg für die Prüfung" zu wünschen.


    Und ich konnte nach Herzenslust lernen.


    Mein Programm war immer: Etwa 1 Stunde durchlernen, dann 10-15 Minuten Pause für eine Zigarette und die Augen ausruhen. Während einer solchen Pause geschah etwas Unerwartetes:


    Ich war und bin auch noch immer bissl musikalisch unterwegs, und spielte damals in einer Band. Die eigenartige spröde Stimmung dort in der G´stätten mit dieser merkwürdigen Mischung aus trüber Donaukanalbrühe, frühlingsgrünen Weiden und Pappeln und mächtigen Betonkonstruktionen der großen Brücke der Tangente (ein bissl wie bei „Kottan ermittelt“) wirkten in kreativer Weise auf mich ein und mir fiel ein Song ein, das heißt ich komponierte ihn im Kopf.

    Basis für den neuen Titel sollte das eintönige Geräusch sein, welches die Autos oben beim Drüberfahren über diese Schnittstellen vor der Brücke erzeugten, was sich so anhörte wie "bo-bopp, bo-bopp, bo-bopp" und nach ein paar Minuten hatte ich den kompletten Song im "Kasten" (das heißt im Kopf). Das sollte die Basis für die Bassgitarre und das Schlagzeug sein, darüber dann der Soundteppich von Keyboard und die Leadstimme vom Saxophon.


    Gut, im Kopf abgespeichert und weitergelernt.


    Nach der absolvierten Prüfung, als ich wieder mehr Zeit hatte, ging ich zu meinem Bandleader, zeigte ihm den Song und er wurde sofort geprobt, ins Programm genommen und ist Jahre später sogar dann auf der LP drauf, die wir irgendwann aufnahmen.


    Ich bekam witzigerweise dann dafür sogar noch Jahre lang Tantiemen von der AKM und Austro-Mechana, wo ich als "Komponist" aufschien wegen diesem und noch einem anderen Titel.


    Multi-Tasking nennt man so etwas glaube ich heute: Ich hatte das Lernen für die Prüfung, das Sonnenbad, und eine Komposition quasi gleichzeitig gemacht und alles brachte Erfolg:


    Zur Prüfung kam ich braungebrannt und bestand vor der Kommission mit Auszeichnung.

    Und ein neues Musikstück war auch geboren worden und brachte mir sogar ein bissl Geld.

    Der größte Witz ist, dass ich die Scheibe total vergessen hatte, bis ich diese Geschichte schreiben wollte. Aber gestern habe auf Google nachgeschaut sie auf Discogs wiedergefunden mit Cover, Erscheinungsdatum, Titeln mit Komponist in Klammer angeführt. Wirklich lustig, dass es so etwas nach so langer Zeit noch zu geben scheint.

  • Hatte jetzt endlich Zeit die Geschichte zu lesen.

    Erst mal vielen Dank für's Einstellen, freut mich sehr!

    Und wirklich kopfkinogut geschrieben - kann mir die Umgebung, Stimmung und die dazugehörigen Manderln ganz gut vorstellen. Sie fast riechen. :)


    Die "Scheibe" wie man so schön sagte früher, würd mich jetzt aber auch interessieren, als Soundtrack zu der Geschichte sozusagen. Nach welchem Titel muss ich suchen?

    d-;

  • Die Scheibe heißt "Different" und ist von der "Vienna Jazz Formation". Der Titel ist gleich die zweite Nummer ("Simmering"). Ist noch eine Komposition von mir drauf "Little Town". Sehr gut ist auch die Komposition unseres damaligen Bassisten Werner Schmid "Der Schlaue Fennek". Der Schmied, "Schmiedi" genannt, war ein richtiger Globetrotter und fuhr x-mal mit ´nem Bus durch die Sahara bis nach Niger. Und als er einen Fennek (Wüsenfuchs) beobachtete, komponierte er das Stück für ihn. "Dorfschenke" war unser Stammlokal.

  • Tolle Geschichte!


    Ja das "Daubeln". Als kleiner Bub nahm mich mein Vater desöfteren an die Donau mit, wo er auch eine Daubel samt Drum und Dran hatte. Meistens fing er auch viele und teilweise große Fische. Weißfische, Hecht und Zander und Karpfen, mehr kannte ich kleiner Stoppel damals nicht. Ich weis nur, dass wir immer die Weisfische zu essen bekamen und die sog. Guten an ein Gasthaus verkauft wurden.

    Eines schönen Tages zog mein Vater die Saubel hoch und darin war eine wirklich schöne große Aalrutte und ich sollte sie dem Netz entnehmen. Ich hatte ja schon viele Aalrutten gesehen , da mein Vater immer wieder an einer Bacheinmündung welche fing, jedoch in der Hand gehalten hatte ich noch nie eine. Ich griff als zu und schwupps, entglitt sie mir auch schon wieder und verschwand wieder in ihrem Element. Daraufhin kam ein Gewitter über mich und ich durfte lange Zeit keinen Fisch mehr aus dem Daubelnetz mehr entnehmen.

    Hatte dann auch einige Jahre selbst eine Daubel in der Donau bei Engelhartszell wo ich ab und an einige Fische fing. Irgendwann hat dann aber ein Hochwasser meine Daubel mitgenommen.

  • Hallo Karl !

    Du kennst das alles und hast es selber noch betrieben ! ! Irgendwie hat das Taubeln ( ich schreib`s hier so) am Enns-Donauspitz neben dem Angeln gleichberechtigt zum "Fischen" gehört. Besonders im Frühjahr wenn viel trübes Wasser kam und natürlich bei Hochwässern war die hohe Zeit der Taubler- und es ging eigentlich um Nahrungsbeschaffung, denn einen schönen Fisch wieder reinzulassen, das tat so gut wie keiner. Allerdings konnte man einen Fisch auch völlig unbeschadet rücksetzen, wenn er nicht "passte". Lang ist`s her- und gefallen hat es mir auch !

    LG Stefan

  • Servas Gerhard,


    herzlichen Dank für die Geschichte aus deiner musikalischen Vergangenheit


    hat nach einer sehr, sehr intensiven Arbeitswoche beim Lesen richtig Bilder im Kopf erzeugt b-; ... auch den angesprochenen Moderator habe ich noch sehr gut in Erinnerung und habe ihn auf seinem letzten Weg mit begleitet


    den Begriff "Drillichhose" habe ich aber erst mal googlen müssen ^^

    LG
    Reinhard


    "Wenn der Lebensraum ausreichend ist, dann wächst jedes Jahr zu, und wenn man das mäßig und bescheiden nutzen will, dann reicht das."


    Stefan Guttmann

  • Suche mir die Platte im Net, habe letztens einen Plattenspieler gekauft. LG

    Ich hab sie jetzt auch auf discogs gegooglet. Jessas maa, damals war ich 25 kg schwerer. Hab mich selber kaum erkennen können. Bin der schwarzhaarige Gfüllte mit dem Schnauzer. rechts unten.

    Ja, damals hatte ich 2,5 Jahre lang nicht geraucht und den Entzug mit mehr Bier und mehr Schnitzeln kompensiert. War gerade in Scheidung. Kaum geschieden, war meine erste weibliche "Bekanntschaft" eine kesse Rothaarige, die rauchte, und bald war ich wieder "hooked", und der Liebestrieb ließ auch meine Kilos total runterpurzeln.:lach:

  • :-)


    Aber auf discogs kann ich die nummer nicht hören, oder?

    Nein, auf discogs kannst Du die Scheibe kaufen. Die funktion "hineinhören" gabs dort nie, es gab sie glaube ich früher auf Amazon, aber das haben sie glaube ich abgeschafft. Was ich auf Discogs gesehen habe, gibts glaub ich eh nur noch 1 Exemplar. Vergiss nicht, dass diese Scheibe 1989 rausgekommen ist, und in den ersten zwei Jahren wurden wohl sehr viele verkauft, sie war damals auch in den Plattenläden, die es noch gab.

    Weil Du es jetzt schreibst, es war schon eine recht schöne Zeit. Es gab nach der Veröffentlichung irgendwo in Wien die LP-Präsentation, wo auch Radio und Presse dabei waren. Im Standard war ein Artikel darüber von niemandem geringeren als dem Ljubisa Tosic. Dann hab ich´s im Radio gehört ich glaube eher nachts bei so Jazzsendungen von Ö1. Ich bekam die Tantiemen für "radio play". Es gab ein Info - Heft mit Fotos von uns und Bio von jedem der Musiker, und in der deutschen Jazzzeitschrift "Jazz Podium" war ein langes Interview mit uns drinnen.

    Heute würde ich sowas nicht mehr machen, keine Zeit und auch zu viel Stress bedeutet sowas.

  • Lieber Gerhard


    Wie immer eine lustige und interessante Gschicht aus deinem Leben. Danke fürs Aufschreiben.


    Ich für meinen Teil muß sagen das ich zum Daubln als Hobby nie einen besonderen Bezug entwickelt habe. Die Mischung aus Schrebergarten, Campingurlaub und Fische fangen ohne dabei zu Angeln konnte mich nicht faszinieren. Bemerkenswerterweise habe ich nach vielen Jahren meinen Jugendfreund und ersten Angelkollegen vom Stürzlwasser und Alter Donau wiedergetroffen und der hat sich so eine Landgestützte Daube zugelegt und betreibt diese offensichtlich mit viel Freude.

  • ....und der hat sich so eine Landgestützte Daube zugelegt und betreibt diese offensichtlich mit viel Freude.

    Na ja Gusto und Ohrfeigen sind eben verschieden-und so sollte es auch sein !

    Wenn es bei uns in OÖ solche Daubelhütten gäbe, hätte ich wahrscheinlich schon einiges versucht, so eine zu ergattern.

    Es passt irgendwie zu meiner Art der "gemütlichen Fischerei"- und früher war das Taubeln ( in OÖ. hart gesprochen) bei uns sowieso in.

    LG Stefan

  • Mit Tosic habe ich mal telefoniert. Netter Kerl. Ja, die Musik ....alleine in einer Band zu sein war für mich ziemlich stressig. Mich packt da die Emotion und wenn etwas nicht funktioniert, oder wenn es Unstimmigkeiten zw. den Mitgliedern gibt, dann ist da nix mit sachlicher Ebene, kannst vergessen.... Weils einem ja so wichtig ist... Das kann ordentlich Kraft kosten.... Aber ich gratuliere im Nachinein zur Platte, das schaffen nur wenige....

  • Mit Tosic habe ich mal telefoniert. Netter Kerl. Ja, die Musik ....alleine in einer Band zu sein war für mich ziemlich stressig. Mich packt da die Emotion und wenn etwas nicht funktioniert, oder wenn es Unstimmigkeiten zw. den Mitgliedern gibt, dann ist da nix mit sachlicher Ebene, kannst vergessen.... Weils einem ja so wichtig ist... Das kann ordentlich Kraft kosten.... Aber ich gratuliere im Nachinein zur Platte, das schaffen nur wenige....

    Bei mir war es ein bisschen anders: Ich habe seit 1978 praktisch nur mehr mit Berufsmusikern gespielt als einziger "Amateur". Und zwar, weil ich von denen angefordert wurde. Da liefen Proben schon viel professioneller ab: Neue Nummern checken, Spielprogramm für den Gig erstellen und dann spielen.

    So machte ich das bis 1991 sozusagen als "Nebentätigkeit" .

    Seit 10 Jahren spiele ich eigentlich nur mehr bis cirka 4 Mal pro Jahr, und die anderen sind ebenfalls Berufsmusiker. Die Gigs sind sozusagen 1 Set unser Programm und 1 Set Programm mit Einsteigern (Jam Session). Da wird gar nix geprobt. Man setzt voraus, dass man das Material auf Abruf bereit hat und wenn eine neue Nummer dabei ist, hört man kurz rein, nimmt sich das Lead-Sheet und spielt, basta. Da gibts nur vorher Händeschütteln, 1 Kaffee, dabei Liste erstellen, dann kurzer Soundcheck und los.