Hochwässer anno dazumal

  • Das gerade erst glücklicherweise -wenigstens bei uns in OÖ.- doch nicht stattgefundene Hochwasser hat mich ermuntert, meine Erinnerungen an die Hochwässer meiner Kindheit und Jugend hervorzukramen.

    Das erste Hochwasser an welches ich mich noch bewusst erinnere, war gleich eines der allergrößten der letzten Jahrhunderte, das Hochwasser von 1954. Nach fast 14 Tagen Regen von Ende Juni bis fast Mitte Juli stand die Hochwassermarke in Linz auf 9,62 m, bei ca. 6 m verlässt die Donau ihr Bett, 2002 waren es nur 8,20 m , allerdings im Jahr 1501 war das Wasser sogar noch um ca. 1m höher als 1954. Mir damals siebenjährigem Bub sind noch die vielen „Hochwasserschauer“ in Erinnerung, zu denen aber auch wir gehörten. Jeden Tag traf man sich am „neuen Ufer“ der nun kilometerbreiten Donau und schaute. Einmal entdeckten die Leute dann einen weit draußen schwimmenden, völlig erschöpften Hirsch und zwei, drei wagemutige Männer ruderten mit der Zille hinaus, zogen ihn hinein und landeten ihn. Mehrere Männer hielten ihn an Geweih und Körper fest und schleppten ihn so kurzerhand zu einer Scheune am Hof meines Großvaters, wo schon ein zweiter Leidensgenosse eingesperrt war. Ein paarmal durfte ich durch das ganz leicht geöffnete Tor durchblicken und im letzten Eck sah ich sie dann. Irgendwie habe ich den gehetzten, angsterfüllten Blick ihrer Augen auch heute noch in Erinnerung und trotzdem, es war ihre Rettung vor dem Ertrinken. Ja und auch bei unserem „Hausbachl“ habe ich fix in Erinnerung, dass da tagsüber einmal ein Hirsch über den Bach gesprungen ist. Es gab damals einen großen Bestand an Hochwild hier im Augebiet und ein ganz großer Teil ging bei dieser Katastrophe zugrunde, wie auch viele der anderen Wildtiere. Natürlich haben auch unheimlich viele Fische nicht überlebt.

    Wirklich bewusst erlebt habe ich aber erst die Hochwässer der Sechziger und der nachfolgenden Jahrzehnte.

    Irgendwie habe ich da im Gedächtnis, dass es fast jedes Jahr ein kleineres oder größeres Wasser gab, manchmal sogar zwei, wobei ein Winterhochwasser für die „Kronauer“- die so genannten Bewohner der Ortschaft Kronau bei Enns -, das noch weitaus unangenehmere war. Sie waren aber auf alles vorbereitet und gerüstet, zogen in den ersten Stock um - die Gehöfte waren alle mit Oberstock - teilweise wurde sogar das Vieh aufgetrieben oder mit Hilfe der tatkräftigen Feuerwehr in großen Zillen ausgeführt. Heute gibt es die Kronau nicht mehr, nach dem großen Hochwasser 2013 wurden alle Bewohner ausgesiedelt und die Häuser abgebrochen. Recht leer ist es hier geworden und für mich schwingt da schon eine gewisse Melancholie und Traurigkeit mit.

    Ja und damals wir Fischer? Unsere hohe Zeit begann, wenn das Wasser schon wieder gesunken war und man die Fische bei den Ausgängen der Lacken und Altarme mit der Taubel nur „abpassen“ musste. Jede Menge Fische ertaubelte man auch am Rand der nun wieder in ihrem Bett fließenden, noch sehr hohen Donau. Die ermatteten Fische stellten sich an den ruhigen Rand und dies taten besonders auch empfindlichere Edelfische wie Hechte oder aus den Bächen ausgeschwemmte Forellen.

    Auch die Angler kamen auf ihre Rechnung, wenn das Wasser in den stehenden Altarmen und Lacken wieder klar war, denn viele Fische waren hier nun drinnen. Nicht immer die passenden, denn Näslinge, Barben, usw. waren eigentlich auf Dauer hier nicht lebensfähig. Ich erinnere mich da an einen großen Schwarm Lauberl, die im Sommer in einer großen Lacke an der Oberfläche in der Mittagshitze verzweifelt notatmeten und doch lange hier überlebten. In dieser abgeschotteten Lacke fing ich auch einmal tagsüber in der Sommerhitze auf Wurm einen respektablen Aal, sicher einen Rückbleiber.

    Ja und auch wenn man nach einem Hochwasser besonders als Taubler oder richtiger Netzfischer zuerst sehr gut fing, war dieses Ereignis doch immer ein gewaltiger Aderlass für den Fischbestand.

    Die Hochwässer waren damals aber doch irgendwie anders, vielleicht weit öfter als heute aber bis auf Ausnahmen nie gar so katastophal hoch und gleich nach dem Hochwasser sah die Au eher gereinigt aus, es roch frisch nach Donau und erst nach ein paar Tagen begann es zu stinken-tote Tiere und tote Fische.

    Ja und nach zwei Tagen Regen gab es damals noch keine blattleben volle Donau wie heute, da bin ich recht überzeugt.

    Ob wir Menschen nicht da große Schuld daran haben ! Ein Drittel landwirtschaftlicher Grund wurde angeblich schon verbaut, viele Drainagen gibt es, viel Asphalt liegt da, und, und..

    Die Hochwassermarken auf dem Foto stammen übrigens von der Ruine Spielberg, welche vor Jahrhunderten eine Wasserburg war, auf beiden Seiten von Donauarmen umflossen. Heute ist sie mehr als einen halben Kilometer von der jetzigen, regulierten Donau entfernt.

    LG Stefan

  • Hallo Stefan : Herrlicher Bericht ! §! Danke fürs mitnehmen in die Vergangenheit b-;!! Wir haben als Kinder und Jugendliche in Floridsdorf vor dem Bau des Entlastungsgerinnes nach den Hochwässern im Überschwemmungsgebiet Kübelweise Jungfische in die Donau übersiedelt ! Nach dem Rückgang des Wassers waren Fische in allen Größen und Arten in den Mulden und Senken gefangen ! Mit Kescher und Kübel bewaffnet gings ans einsammeln und in der Donau wieder freizulassen ! Mfg. Tony

  • Ein großartiger Bericht-

    Vielen Dank fürs Teilenb-;


    In meiner Kindheit habe ich auch ein Hochwasserschauen in Erinnerung. Der Wienfluss 1997- ich stand damals mit meinem Freund in Unter St. Veit (1140Wien) auf einer Brücke- gleichermaßen verängstigt wie fasziniert.

    LG, Ercan





    „Wissen ist eine der ganz wenigen Ressourcen, die sich vermehrt wenn man sie teilt."

  • Habe da noch alte Bilder aus 2002 gefunden (OK Qualität ist halt sehr schlecht). Man sieht das trotz AU in der Wachau (und noch Freifliessender Strecke)- die Au immer noch zu wenig ist. Das selbe war vor ein Paar Jahren in der Tullner Au, als die Wildtiere an der Straße und dessen Zaun (zur Autobahn) teilweise hilflos ersoffen sind, weil der Autobahndamm ihnen den Weg abgeschnitten hat. Viele Tiere höhere Plattau's aufsuchten....und teilweise die Bundestraße (Gott sei Dank) gefunden haben. tja -WIR Betonieren halt schon sehr viel zu.....ich sehe ja was ich jeden Tag für neue Projekte am Tisch habe (Logistikcentren mit 100000m² und mehr sind keine Seltenheit....und das wird alles versiegelt....

  • Danke euch für eure interessierten und interessanten Rückmeldungen !

    Ja und eigentlich jeder hat da seine ganz besonderen Erinnerungen-gerade wenn er Fischer ist- und wie Ercan schreibt-verängstigende und auch faszinierende.

    ..und das Fischerl retten, wie auch Tony anmerkt !

    Alex man versucht jetzt schon -natürlich mit begrenzter Wirkung und großem Aufwand - dem Wasser mehr Raum zu geben, allein im Gemeindegebiet von Enns hat man drei uralte Ortschaften aufgegeben, um die mir recht leid ist.

    David, ja der menschliche Beitrag, der ist halt oft etwas fragwürdig !$&

    Mike danke für deine Fotos von Land unter ! Ich stell mir da grad vor, 2002 Linz 8,20 m und 1501 Linz ca. 10,6 m ! Es gibt immer noch was Ärgeres. Und wenn man von den früheren Eisstößen liest, da schauderts einen direkt. Der Klimawandel hat halt auch seine guten Seiten- bitte Aussage nicht ernst nehmen !!

    LG Stefan

  • Servus Stefan,


    Herzlichen Dank für das Zusammenschreiben dieser Zeilen und auch das Teilen deiner persönlichen Erinnerungen ... Hochinteressant!


    d-;


    das große Hochwasser 2002 hab ich nur so nebenbei mitbekommen ... war zu dem Zeitpunkt gerade in Rhodos mit meiner Familie auf Urlaub ... wie wir dann zurückgekommen sind war es schon wieder am abflauen ... dafür hab ich das 2013 voll mitbekommen ... ich hatte 2012 den Wiedereinstieg in die Fischerei mit Absolvierung der Prüfung für die NÖ Fischerkarte ... 2013 war dann mein erstes Jahr im Tullner Revier ... war nach dem Hochwasser lange nur bedingt befischbar ... Dreck, Schlamm und Gelsen ohne Ende ... erst im Herbst hat es dann so richtig mit der Fischerei beginnen können

    LG
    Reinhard


    "Wenn der Lebensraum ausreichend ist, dann wächst jedes Jahr zu, und wenn man das mäßig und bescheiden nutzen will, dann reicht das."


    Stefan Guttmann

  • Servus Stefan, Danke für deinen wunderbaren Bericht.

    Ich bin zwar Jahrgang 1955 und kann mich an das Hochwasser 54 nicht erinnern. Aber da ich in Ennsdorf, direkt neben der Enns, aufgewachsen bin, mien Vater damals in der Donau, gegenüber von Mauthausen, gedaubelt hat und ich als kleiner Bub sehr oft mit dabei war, kann ich mich an die Hochwasser sehr gut erinnern. Ja, es war genau wie du schreibst. Man konnte Unmengen von Fischen beim Rückgang der Fluten mit der Daubel fangen. Auch die Altwässer, welche es damals noch gab, waren immer voll mit Fisch. Vor allem konnte man mit der Spinnrute starke Hechte fangen. Leider hat mein Vater die sog. guten im Wirtshaus verkauft und wir hatten eigentlich fast immer nur Weißfische, aber dafür 3mal in der Woche!

    Ich bin ja beruflich dann weggezogen und erst nach Jahren mit meinem Vater wieder mal dahin gefahren wo er immer gefischt hat. Ich war damals sehr erschrocken, als in Enns, drüber der Westbahn, wo früher eben nur Felder, Auwälder und Altwasser waren, plötzlich eine riesige Siedlung stand. Einer der Bewohner hat mir damals erzählt, dass diese Siedlung schon mehrmals bis zu den Dächern unter Wasser stand!!!???


    Ja das war noch die gute alte Zeit damals.


    LG

    Karl

  • war nach dem Hochwasser lange nur bedingt befischbar ... Dreck, Schlamm und Gelsen

    Ja Reinhard und das war damals nicht so schlimm, es sah alles irgendwie geputzt aus- und Gelsen gab es dann natürlich schon in irren Schwärmen.

    Karl, deine Antwort hat mich natürlich besonders überrascht und gefreut ! Ein Ennsdorfer!b-;

    Da hast du ja vielleicht auch noch euren "Papst" den Walter Brunner gekannt, der ja in Piburg -2 km entfernt- aufgewachsen ist !

    Mit der von dir genannten großen Siedlung bin ich mir nicht ganz sicher, welche du meinst. Wenn einer nach langer Zeit wieder ins Ennser -und auch Ennsdorfer ehemalige Augebiet zurückkommt- kennt er sich sicher nimmer aus !

    LG Stefan

  • Servus Stefan, leider hab ich Walter Brunner nicht gekannt. Aber mein Vater hat kurzfristig mit ihm gearbeitet. Aber eine Brunner Rute "Salza" hab ich mal besessen. Leider musste ich sie kurzfristig aus finanziellen Gründen veräussern.;(

    Ich meine die Siedlung, wenn du von Ennsdorf über die Ennsbrücke fährst und dann gleich rechts abbiegst und dann unter der Eisenbahn durch dann kommst du heute zu dieser Siedlung. Wie sie heißt weiß ich leider nicht und meine Eltern kann ich nicht mehr fragen. Aber wenn man da weiterfährt kommt man heute zum ASZ ua. Früher ist man dann über Felder zu einer ehemaligen Fährbrücke welche nach Mauthausen geführt hat gekommen. Muss ich direkt mal wieder hinfahren und Erkundigungen einholen!


    LG

    Karl

  • Hallo Karl, jetzt weiß ich wo die Siedlung ist, sie hat nicht wirklich einen eigenen Namen und geht auch in Industriegrund und Hafengebiet über.

    Ja und die alte Rollfähre- mit unserem ersten Auterl sind wir sogar noch einmal kurz vor der Einstellung 1961 damit über die Donau von Mauthausen nach Enns, das war schon damals nostalgisch.

    Ich hab den Brunner mehrmals an "meinem" Kristeinerbach gesehen und das erste Gschichterl, das ich euch hier als neuer Angelbruder gedruckt habe, handelt sogar davon.

    LG Stefan

  • Hallo Stefan, ja genau, das ist es. Dass die Fähre 61 eingestellt wurde wusste ich gar nicht. Da war ich erst 6, daher. Aber den Kristeinerbach kenne ich nur zu gut. Ist heute leider eine Kloake. Zumindest imBereich von Enns. Auch in meiner Jugend war da nicht viel ausser Egeln. Leider. Ich hab eh immer in der Enns "schwarz gfischt" und dafür, wenn mich der Aufseher wieder mal erwischt hat, vom Vater den Allerwertesten versohlt bekommen. Aber nicht weil ich gefischt hab, sondern weil ich so blöd war und mich erwischen hab lassen!Ist doch immer wieder schön die alten Geschichten wieder mal aufzufrischen!


    Vielleicht ergibt es sich ja, dass wir mal zusammen sitzen und über alte Gschichten plaudern können!?


    LG

    Karl

  • Hast du im Kristeinerbach auch gefischt? Wahrscheinlich ziemlich in Mündungsnähe ? Ich bin ja in Kristein direkt am Kristeinerbach aufgewachsen und hab dort meine ersten Fischereiversuche gemacht. Und ja der Bach ist heute viel weniger interessant. Ich bin mir eher recht sicher, dass in meiner Kindheit viel mehr Wasser -und zwar kontinuierlich- geflossen ist. Ich fürchte, dass dieses Schicksal leider heute viele Bacherl teilen.

    Ja schreib halt auch einmal so ein altes Gschichterl- vielleicht rücken dann auch wieder ein paar andere mit solchen Sachen heraus !


    Ja und über solche mit dir zu plaudern, das würde mir recht gut gefallen ! Da müssten wir uns dann einmal per PN austauschen.


    LG Stefan

  • Nein, hab ich nicht. DAmals hab ich lediglich in der Enns "schwarz" gefischt und mit meinem Vater in der Donau gedaubelt oder in den Altwässern mit der Spinnrute auf Hecht gefischt. Das waren halt noch Zeiten.


    LG Karl

  • Zitat wuzler: "Das waren halt noch Zeiten".

    Ja, Karl und unsere Kindheit-meine noch mehr- geht ja schon ein bisschen in Richtung "Gute, alte Zeit".

    War es sie wirklich ?

    Im Blick auf die Fischerei glaube ich schon. Die Lacken und Altarme sind bei uns mittlerweile großteils verlandet oder abgebracht, die Donau wurde noch nicht durch Kraftwerke gebremst-nur Jochenstein gab es schon ab 1956-gefolgt von Ybbs 1959 und dann ging es mit der Kraftwerkskette so richtig los.

    Trotzdem bin ich persönlich ein klarer Befürworter von Wasserkraftwerken !

    Und sonst? Da ist trotzdem vieles heute besser als damals -glaube wenigstens ich halt. Ich weiß wirklich nicht, wohin da die Waage zeigt.


    LG Stefan

  • Komisch Gerhard, an das 1975er kann ich mich gar nicht wirklich erinnern- vielleicht war ich da schon etwas zu "abgestumpft".

    Das 1954er allerdings hat mich als kleinen Bub sogar schwerstens beeindruckt-und vor allem das ganze Drumherum. Da kam eines Tages sogar ein Mann zu uns, der eine Menge gebrauchter Wäsche zum Verkaufen hatte. Vater lehnte entschieden ab und meinte später, das sei ein Plünderer gewesen. Die gab es damals nämlich auch und irgendwie hab ich im Hinterkopf, dass die Gendarmerie dagegen dann ganz rigoros auftrat.

    LG