ERSTER TEIL:
Hallo Freunde !
Der wunderbare Monat Juni ist da ! Fast alle Fischarten, mit Ausnahme der Schleie und des Welses sind befischbar, sodass einem Universalangler wie mir die Wahl schon schwer fällt, denn es können dicke Karpfen besonders beißlustig sein nach dem kalten Mai, es kann der Schlupf der Maifliege einsetzen und damit traumhafte Bachforellenfänge gewiß sein, man könnte den ersten Esox des Jahres erspinnen, oder an gewitterträchtigen Spätnachmittagen dem schönen Döbel zuleibe rücken, bis es oben vom Himmel richtig „Krawumm“ macht und lospladdert.
Dies sollen nur ein paar kleine Beispiele dafür sein, was ich alles an Angelmöglichkeiten zur Verfügung habe im Juni, der für mich viel mehr ein Wonnemonat ist als der sprichwörtliche Mai.
ABER: Einer der schuppigen Gesellen wurde noch nicht aufgezählt. So wie bei großen Bühnenstars immer erst Vorgruppen spielen, habe ich ihm noch ein bissl Zeit gelassen, und tadaaa, hier ist er: DER ZANDER !
Ein Fisch, der Freude bereiten kann ,aber auch manche zur Verzweiflung bringt, denn so dumm-gierig er in Freßzeiten sein kann, so bockig und zugenäht gibt er sich dann das nächste Mal wieder.
Fange ich seit Jahrzehnten immer wieder um diese Jahreszeit meinen ersten Zander des Jahres, kommt große Freude auf. Aber die Jahre gingen ins Land und da ist die Freude über diesen Fisch nicht mehr so kurzfristig wie bei einem verwöhnten Kind, welches rasch seine Geschenke aufreisst, sondern ein viel intensiveres Gefühl der Dankbarkeit !
Sagen zu können: „ Wenigstens hier ist die Zeit stehen geblieben. So, wie vor mehr als 40 Jahren freuen wir uns über den ersten Zander des Jahres, und so wie vor 40 Jahren duften die Lindenblüten in der Allee meines Heimatbezirkes“.
Der Zanderangler muss lernfähig sein, er muss das Gewässer „lesen“ können und ein wenig mit der Räuberseele „mitdenken“ können, wenn er Erfolg haben will. Und er muss auch ein bisschen experimentierfreudig sein, sei es bezüglich des Laufverhaltens des Spinnköders, der Führungstaktik oder der geeigneten Beschwerung und vielem anderen……..
Aber das sind Dinge, die wir gerne lernen, während wir im Alltag oft schon genervt sind, wenn alles immer mehr automatisiert wird und man als Mensch meiner Generation dauernd die Jungen fragen muss, wenn man wieder einmal irgendwas am Handy „verstellt“ hat.
Das Zanderangeln hat sich modernisiert, aber die Räuberseele dieses schönen Fisches ist dieselbe wie seiner Artgenossen von damals „in der guten alten Zeit“.
Allerdings dauerte es auch in der „guten alten Zeit“ einige Jahre, bis ich an einem schwülen Juniabend 1978 meinen ersten Zander keschern konnte.
Angler bin ich seit 1971. Nach Plötzen, Rotfedern, Bleien und Döbeln als „Schule und Pflichtübung im ersten Jahr“ fing ich im darauffolgenden Jahr 1972 neben Karpfen und Schleien auch schon meinen ersten Hecht, dem bald weitere folgten. Der Zander fehlte mir noch, dabei stellte ich es mir so einfach vor…..
In den paar Angelbüchern, die ich hatte, stand geschrieben, dass der Zander im Gegensatz zum Hecht eher ein bodenorientierter Räuber ist, der das grelle Licht scheut.
Nichts einfacher als das, dachte ich mir. Wenn der Zander „tief unten ist“, dann kommt eben statt des Hechtstoppels ein schweres Laufblei zur Anwendung, und so pfefferte ich meinen Köderfisch mit meiner alten Trixirolle und dem steifen 40er Peryl samt einem schweren Laufblei weit hinaus in die Gewässermitte. Klatsch machte es, und die Montage lag in unbekannten Tiefen. Guter Dinge wartete ich auf das berühmte Auslaufen der Schnur von der Rolle.
NICHTS ! Als ich die Montage einzog, hing an der Köder-Rotfeder ein ganzer Gemüsegarten von Kraut, und die leichenstarre Rotfeder stank kräftig nach Faulschlamm.
Ich zog nochmals mein schlaues Angelbuch zu Rat und da stand auch geschrieben: „Der Zander ist besonders bei Dunkelheit aktiv“.
Leider war für mich das Fischen bei Dunkelheit als 12,13-jähriger nicht möglich. Ich war, um überhaupt fischen gehen zu können darauf angewiesen, dass meine Eltern einen Ausflug machten, mich beim Wasser absetzten und dann abends wieder abholten.
Die Erlösung kam, als wir den Sommer 1973 am Bled-See in Slowenien verbrachten. Als ich die Angelkarte löste, stand bei Fischarten „Karpfen, Schleie, Hecht, Zander“.
Wenn das kein gutes Omen werden sollte ? In den Ferien durfte ich ja machen, was ich will, und wenn ich nach dem Abendessen in der Pension noch runter an den See wollte, war das kein Problem, weil meine Eltern verständlicherweise in erster Linie ihre eigene Ruhe haben wollten.
Schon sah ich mich beim Drillen des ersten Zanders in der Dunkelheit, dem viele folgen sollten.
Froher Dinge wollte ich unter Tags Köderfische fangen, es waren alles kleine verkümmerte Barsche und ich glaube auf Wurm oder Made konnte man praktisch nichts anderes fangen als massenweise 10cm Barscherln. Rotfedern oder Lauben wären mir lieber gewesen, aber die waren nicht aufzutreiben.
Einfältig wie ich war, dachte ich damals sogar, dass die Räuber den Barsch wegen seiner stacheligen Rückenflosse nicht fressen würden, also schnitt ich tatsächlich, nachdem ich den Köderfisch getötet hatte, die Rückenflosse ab !
Nun saß ich bei Einbruch der Dunkelheit am See, der durch die vorbeiführende Seepromenade recht beleuchtet war. Wieder dachte ich in meine Einfältigkeit, dass dieses Licht die Zander verscheuchen müsste, und pfefferte meine schwere Laufbleimontage gute 40m hinaus in den See, wo sie in kalte, unbevölkerte Tiefen, sozusagen ins „Nirwana“ absank.
Voller Erwartung öffnete ich den Bügel meiner Trixirolle, hängte ein Silberpapierl auf das Peryl und wartete auf das Abziehen der Schnur. Indessen, sie zog nicht ab. Es wurde 22 Uhr, es wurde 23 Uhr, und ich hatte genug davon und konnte noch den leichenstarren, unberührten Köderbarsch hinausziehen.
An den nächsten beiden Abenden wiederholte sich das Spiel. NICHTS, NICHTS, NICHTS.
Heute weiß ich, dass der Nordteil des Bled-Sees, wo das Wasser tief ist und der Grund gleich am Ufer steil abfällt und die Tiefe wo ich fischte, dutzende Meter betrug, denkbar ungünstig für mein Vorhaben war, und kein Zander wird in einem tiefenkalten Bergsee nachts bei 40m Tiefe gefangen, wo er keine Nahrung findet.
Immerhin entdeckte ich später im flachen Südteil des Sees einen guten Karpfenspot und konnte mich in dem Urlaub, nachdem ich mir aus der Hotelküche gekochte Kartoffeln besorgt hatte, mit Karpfen und Schleien entschneidern, auch etwas sehr Schönes.
Aber, nun angelte ich schon drei Jahre und hatte zwar fast alle gängigen Süßwasserfische schon gefangen, allerdings noch keinen Zander !
Wie es weitergeht, erfahrt Ihr dann im zweiten Teil dieser Geschichte.