Die Taucher vom Donaualtarm,..

  • Die so nette Geschichte vom Rene über das Tauchen im Giesgang hat mich nun motiviert, meine Erfahrungen als „Taucher“ von vor 50 Jahren endlich einmal zu Papier zu bringen


    Wir Buben vom Ennser Kristeinerbach waren mittlerweile zu Bürscherln zwischen 16 und 18 Lenzen herangewachsen - es waren die frühen Sechziger - und ein paar von uns waren „richtige“ Fischer geworden, die alle im Gemeindegebiet von Enns in einem Donaurevier fischten - natürlich brav mit einer Karte ausgestattet. Drei hatten auch schon ein Moped - eine schwarze Stanglpuch, eine hellblaue Zweisitzer DS 50 und sogar ein elegantes KTM Ponny war da -, mit denen wir rasch am Wasser waren.
    Wir angelten zwar auch öfters direkt in der Donau und taubelten dort auch manchmal, doch unsere erste Adresse war der Altarm, der damals noch aus zwei sehr großen und auch tiefen Becken bestand. Gespeist wurde und wird er durch das „Mitterwasser“ , welches mehrere Kilometer lang ist, selber ein paar Bäche aufnimmt und auch ein paar weiter aufwärts gelegene Schotterseen entwässert. Es ist irgendwie eine Mischung aus sehr breitem Niederungsbach und einem gut fließenden Altarm, das Wasser war immer recht klar und im Sommer auch angenehm warm.
    So lud es in der warmen Jahreszeit neben dem Fischen zum Zillenfahren und Baden und auch… zum Tauchen ein.
    Wenn wir nämlich an unserer Lieblingsstelle - hier waren mehrere riesige Weiden durch Unterspülung ins Wasser gefallen - mehr oder weniger erfolgreich angelten, da kam an schönen, warmen Sommertagen manchmal ein Herr in Badekleidung in seiner Zille daher und verankerte sie im Wasser.
    Wir kannten ihn gut, er war ca. 10 Jahre älter als wir und ein richtiger, athletischer „Sportsmann“, den wir verehrten und respektierten - sogar ein Boxer war er einmal gewesen und natürlich war er auch ein Fischer! …Und dann setzte er seine Taucherbrille auf und glitt ins Wasser. Er blieb immer extrem lang unten - „Kummt er eh wieder auffa ?“ Wenn er dann wieder auftauchte, dann hatte er manchmal einen Fisch – hie und da sogar auch zwei - in Händen, die er soeben da unten mit bloßen Händen erbeutet hatte.
    Da staunten wir neidvoll - ..und kauften uns auch eine Taucherbrille samt Flossen! Wir, das waren eigentlich nur mein damals bester Freund und ich, die andern zwei, drei unseres Jungfischerclubs weigerten sich standhaft, da in die Gefilde des Flussgottes vorzudringen, es gruselte sie vor den „Schlingpflanzen“ und den vielen versunkenen Ästen.
    Meine ersten Versuche waren auch nicht recht erfolgreich, doch ich lernte dazu und fing in Folge schon auch Fische! Dazu erinnere ich mich – so als ob es gestern gewesen wäre - an folgendes „highlight“. Ich tauchte hinunter - nur ca. 2 m - und da standen in Reih und Glied vier schöne Barben dicht nebeneinander am Grund und „flosselten“ ganz leicht in der Strömung. Sie fühlten sich durch meine Anwesenheit nicht im geringsten beunruhigt, ich suchte mir den schönsten Fisch aus und packte ihn beherzt mit Zeigefinger und Daumen zwischen den Kiemen und den Seitenflossen und er gehörte mir. Es waren übrigens besonders die Barben, welche stoisch uns Eindringlinge ignorierten, und auch den Aiteln waren wir ziemlich wurscht, während z. B. die wunderschönen Seider sich sehr bald langsam und elegant zurückzogen. Hechte habe ich überhaupt nie gesehen, die nahmen sicher immer frühzeitig Reißaus. Ich bin auch durchaus gern „nur zum Schauen“ hinunter, das Glas meiner Taucherbrille vergrößerte die Fische deutlich und gaukelte mir dann echte Kapitale vor - einmal sah ich dabei sogar einen “Meterkarpfen.“.
    ….Ja und da gab es dann auch noch den „Stockgreifer“, er war natürlich ebenfalls ein Fischer, und auch einige Jahre älter als wir und der watete manchmal an geeigneten Stellen - wo das Wasser brusttief und das Ufer unterspült war, mit großen Bäumen am Ufer, deren Wurzelstöcke ins Wasser reichten - in Richtung Ufer hin und griff dann mit beiden Händen unter die Stöcke hinein. Dabei verschwand er auch vollkommen unter dem Stock oder in der Uferböschung. Ja und auch er hatte dann öfters einen Fisch in Händen, den er ertastet und gefangen hatte. Meist aber nur Rotäugerl oder ev. ein Aitel.
    Natürlich „mussten“ wir auch das ausprobieren und mir persönlich war es weit „unheimlicher“ als das „Fischaustauchen“, so einfach mir nichts dir nichts in die Finsternis hineinzugreifen - das waren einfach auch Mutproben.
    Ich erinnere mich aber auch daran, dass der „Greifer“ einmal doch tatsächlich auf eine respektable Ringelnatter gegriffen hatte.
    Mir ist natürlich nun schon klar, dass die beiden von mir beschriebenen „Fangmittel“ keinesfalls in der Fischerkarte angeführt waren, doch vor fast mehr als einem halben Jahrhundert sah man das nicht so eng. Im Gegenteil, über die beiden Könner wurde in Fischerkreisen höchst respektvoll geredet - und man kannte sich ja eh !
    Übrigens in einer Ausgabe von „Österreichs Fischerei“ aus 1956 schreibt der bekannte Fischereiexperte Dr. Wilhelm Einsele wortwörtlich und ganzseitig über die Schilderungen eines Fischers zur „Stockgreiferei“, dass dessen Beobachtungen einen „originellen Beitrag zur Fangtechnik und zum Seelenleben der Fische bilden würden“.
    Na ja, die Zeiten ändern sich und heute wäre man mindestens die Lizenz los und vielleicht auch ein bisserl im „Kriminal“!
    Die paar damals von uns auf diese Art erbeuteten Fische haben wir in der Regel - vermehrt um die geangelten Fische der Nichttaucher - anschließend meist gleich als Steckerlfische verzehrt. Durch den Stockgreifer hatten wir auch Zugang zu einer recht schönen Fischerhütte - direkt am Wasser, wo gern und oft gefeiert wurde.
    Ja und die wunderschönen, lieblichen Mädchen waren auch schon ein Thema geworden. Sie waren aber trotzdem der Grund, dass sich unser loser „Fischerbund“ eher recht bald auflöste.


    Und oje, die Geschichte ist halt wieder recht lang geworden.


    LG von grusteve(Stefan)



    Die Fotos von den Tauchhotspots habe ich schon im Winter gemacht, denn in Sommer ist es eigentlich unmöglich, bis dorthin vorzudringen.


  • Zitat

    Original von grusteve


    Und oje, die Geschichte ist halt wieder recht lang geworden.


    Das find ich gar nicht so "oje" denn mir hat sie sehr gut gefallen ;) und es sind richtig schöne Bilder im Kopf entstanden. Eine sehr interessante, liebe Geschichte aus einer sicherlich etwas entspannteren Zeit. Freu mich für dich, dass du's so erleben durftest, und Danke fürs Reinstellen! §!

  • Servas Stefan,


    Herzlichen Dank für deine Erinnerungen aus deiner Jugendzeit ... ich denke jeder von uns war in so einer ähnlichen Jugendclique unterwegs und hat jeden nur erdenklichen Unfug getrieben ... halte dir diese Erinnerungen im Kopf immer frisch §!


    Herrlich auch die Bilder aus dem Fotoalbum ... Nostalgie pur !!



    d-;

    LG
    Reinhard


    "Wenn der Lebensraum ausreichend ist, dann wächst jedes Jahr zu, und wenn man das mäßig und bescheiden nutzen will, dann reicht das."


    Stefan Guttmann

  • Stefan, ist grosser Kino der Zeilen- vielen Dank fürs Teilen.
    Mich ergreifen diese alten Geschichten immer so extrem- verbinde sie so sehr mit meinem nicht leiblichen Opa (war für mich damals mein echter). Seine Geschichten ähnlich- konnte nie genug von ihnen bekommen.
    Werd schon wieder melancholisch ...


    Nochmals Danke b-;

    LG, Ercan





    „Wissen ist eine der ganz wenigen Ressourcen, die sich vermehrt wenn man sie teilt."

  • Dank euch allen schön für eure netten Antworten !



    hesi: Ja, ich glaube wirklich, dass man damals doch entspannter gelebt hat-etwas langsamer und einfacher eben.


    hard: Lach nicht, die Erinnerungen von vor 50 Jahren picken bei mir eh im Gedächtnis, wie wenn es gestern gewesen wäre-dafür muss ich öfters nachdenken, was letzte Woche war und unter Umständen sogar, was wir vorgestern zu Mittag gegessen haben. :lach:


    ubik: Diese Taucherbrillen waren damals schon auch eine Gaudi. Wenn man nicht aufpasste, hatte man auch schon wieder einen Schwall Wasser drinnen.



    Piscator: Schön, dass du so einen wunderbaren Leihopa-Ziehopa-oder wie auch immer genannt- hattest.
    Ich komm ja immer mehr drauf, dass ich meine Eltern, Schwiegereltern, Großeltern und überhaupt die Altvorderen noch viel mehr fragen und ihnen noch viel mehr zuhorchen hätte sollen. Jetzt ist es zu spät.


    Und weil euch die alten Fotos ganz gut gefallen!
    Fotografiert habe ich selber leider damals fast gar nicht. Da war mein Papa viel gescheiter, der hat sogar ein eigenes kleines Schwarzweiß-Labor gehabt.



    LG von Stefan

  • Besten Dank für die Interessante Reise.
    Geschichten wie sie Niedergeschrieben gehören.
    Da ist nix zu lang - war von Anfang bis zum Schluss gefesselt.
    Es ist ein bisschen so, wie wenn ich meinen seeligen Opas damals lauschen durfte.


    Übrigens eine Blaue DS50 Baujahr 1963 hab ich zuhause.
    In meinen Anfang 20er Jahren hab ich das Moped in desolatem Zustand gekauft und
    mit viel Handwerk und jeder Menge sündteuren Originalersatzteilen wieder in Neuzustand gebracht.



    Schönen Gruß

  • Vielen Dank für die netten Zeilen.


    Super und lebendig geschrieben und GAR NICHT OJE!!!!


    Bei den Schwarzweiss Fotos musste ich echt Schmunzeln und Staunen... Schwarz weiss is immer geil. aber alte fotos haben halt was... Früher waren Fotos eben noch "echte" Fotos. Bin selbst als Mitdreissiger in der digitalen Revolution groß geworden. aber heut knipst und knipst man... früher schaute man, dass wirklich jedes foto "sitzt" denn es war doch nicht billig.


    Kann mich noch erinnern als kleiner bub (auch schon 25 Jahre her...) als ich mti meinen Eltern immer vom Fotoausarbeiten gekommen bin ... spannend war das ob die fotos was geworden sind. :D


    ps. um nochmal zu den schwarz-weiss fotos zu kommen... in meiner kindheit kramten wir oft aus langeweile sämtliche mülltonnen durch. Aus Neugier. Was die Leut so wegwerfen... Nicht uninteressant.
    Aber ich konnte mich an alte Schukartons erinnern in dem noch kleinformatige schwarz-weiss fotos drin waren. Die ränder waren nicht glatt sondern so "gerippt" Dürften aus der NAchkriegszeit gewesen sein. War spannend.

  • Ich hab erst heute zufällig gesehen, dass noch nachträglich zwei so nette Beiträge gekommen sind, die ich nicht unbeantwortet lassen will !


    Jürgen, deine DS 50 ist sicher ein richtiges Prunkstück geworden-soweit kenne ich dich nun schon- heb sie dir auf ewig auf und vermache sie in ferner Zukunft einem dafür Würdigen.


    Vielleicht kannst du uns einmal ein Foto zukommen lassen ?



    da-cesa, ja die Fotografiererei war früher wirklich nicht ganz billig, wie du anmerkst, und spannend war es auch, denn bei den ersten Farbfotos musste man eh fast eine Woche warten und dann bekam man im Geschäft das Packl in die Hand und die schlechtesten konnte man zurückgeben- aber nicht zu viele.


    Die gerippten Fotos kenne ich natürlich auch noch-welchen Sinn haben eigentlich diese "Ripperl"?


    Mülltonnen gab es zur Zeit meiner Kindheit noch nicht-Ich wäre sicher ein begeisterter Stierler gewesen.


    Die kaputten Töpfe und gar nicht mehr reparierbaren Blechhäfen landeten z.B. alle im Bach-und wenn man einen anhob war sicher ein Krebs oder noch öfter eine Koppe darunter.



    Entschuldigung, dass ich mich erst jetzt rühre und l.G von grusteve (Stefan)